05.04.2023, 00:30 Uhr
Marienthal. Arbeitslosigkeit und das Schrumpfen des Lebens
Was macht Arbeitslosigkeit mit Menschen? Das wollten die jungen Wiener Forscher:innen um Marie Jahoda und Lotte Danziger wissen. Im Auftrag der österreichischen Sozialdemokratie machten sie sich 1931/32 auf den Weg nach Marienthal – eine Industrie- und Arbeitersiedlung, in der eben erst 80% der Einwohner arbeitslos geworden waren. Die dortige Textilfabrik, die seit 1823 Menschen beschäftigte und eine kleine Stadt entstehen ließ, schloss für immer ihre Tore. Die meisten Arbeiter:innen waren überzeugte „Sozis“ mit Arbeiterstolz, waren Mitglieder in Sport-, Kultur- und Gewerkschaftsvereinen, abonnierten politische Zeitungen. Doch die Arbeitslosigkeit verwandelte den Ort in eine „müde Gemeinschaft“. Die Forscher:innen stellten in ihrer berühmten Studie "Die Arbeitslosen von Marienthal" fest, dass diese radikale Krise die Menschen nicht politisch-kämpferisch machte, sondern ... mehr